„Die Stille Seite Söldens“ ist eine wunderschöne einwöchige Hüttentour im Ötztal. Sie führt in hochalpines Gelände und man übernachtet stets auf etwa 3000 Metern.
2016 habe ich Sechs-Tages-Rundtour „Die Stille Seite Söldens“ erstmals gemacht und seitdem noch zwei Mal mit Freunden in der anderen Richtung oder mit Varianten wiederholt. Ein bisschen Bergerfahrung braucht man, aber die Etappen sind so bemessen, dass wirklich kein Stress aufkommt und man das „Reich der Dreitausender“ im Ötztal aus vollen Zügen genießen kann.
Vom quirligen Sölden in die Bergeinsamkeit
Los geht es im quirligen Tourismusort Sölden – der ist gut mit Bahn und Bus oder dem Auto erreichbar. Vor Ort kann man, falls man sein eigenes Fahrzeug wählt, einen sicheren Stellplatz im Parkhaus der Bergbahn im Internet buchen.
Mit dem Hüttenbus zur Kleblealm
Von Sölden fährt man mit dem Hüttenbus auf knapp 2000 Meter zur Kleblealm. Von hier aus geht es zu Fuß zunächst gemächlich ansteigend in Richtung Hochstubaihütte. Schon nach wenigen Höhenmetern sind die Skigebiete, Lift- und Hotelanlagen im Tal kaum noch zu erahnen. Spätestens bei einem Picknick am idyllischen Laubkarsee auf 2681 Metern ist der Alltagsstress vergessen.
Nun beginnt aber auch hochalpines Gelände und die Luft ist merklich dünner: Je höher man kommt desto anstrengender wird der Aufstieg über Felsstufen und Blockschutthalden. Langsam einen Schritt vor den anderen setzen, lautet deshalb die Devise.
Langer Aufstieg zur Hochstubaihütte
Nach knapp vier Stunden Aufstieg werden die Strapazen aber belohnt. Von der Terrasse der Hochstubaihütte und dem nahen Hüttengipfel Hoher Nebelkogel (3211 Meter) bietet sich ein grandioser Rundumblick: Jede Menge hohe Gipfel der Stubaier und Ötztaler Alpen recken ihre Spitzen der Sonne entgegen. Besonders schön sieht die Wildspitze im Venter Tal mit ihrer weißen Haube aus.
Gleich zu Beginn bietet die „Himmelsleiter“ ein wenig Nervenkitzel. Der Steig führt fast senkrecht über Stufen eine hohe Felswand hinab. Ein Stahlseil in der Wand sorgt für Sicherheit.
Um 22 Uhr kehrt Ruhe in der Stube ein. Die meisten Wanderer wollen am nächsten Morgen früh los; die Etappe zur Hildesheimer Hütte ist relativ anspruchsvoll. Gleich zu Beginn bietet die „Himmelsleiter“ ein wenig Nervenkitzel. Der Steig führt fast senkrecht über Stufen eine hohe Felswand hinab. Ein Stahlseil in der Wand sorgt für Sicherheit. In Serpentinen windet sich der Weg weiter hinab durch ein Geröllfeld bis zum Seekarsee auf 2658 Metern. Dann führt ein bequemer Panoramaweg mit großartigen Tiefblicken hinunter ins Windachtal und Fernblicken in Richtung Süden zum Warenkar.
Nun wird der Weg steil. Zum Teil müssen die Hände beim Erklimmen von Felsstufen helfen. Später werden zwei Gletscherausläufer des Stubaier Skigebiets gequert. Stangen markieren den Weg an den Spalten vorbei. Seil und Pickel sind nicht nötig, leichte Steigeisen aber empfehlenswert.
Eine halbe Stunde vor dem zweiten Etappenziel muss noch eine Aussichtspause eingelegt werden: Die Hildesheimer Hütte und ein kleiner dunkelblauer Bergsee liegen sehr idyllisch vor den eisbedeckten Flanken der Pfaffenschneid und des Zuckerhütls, mit 3505 Metern der höchste Berg des Stubaitals. Das 1896 erbaute Schutzhaus auf 2899 Metern ist sehr gemütlich, bietet eine tolle Küche und sogar den Luxus einer heißen Dusche.
Kleiner Luxus im Gasthaus Schönau
Neben der ebenfalls sehr netten Siegerlandhütte (2.710 m) habe ich mich bei zwei Besuchen im Gasthaus Schönau an der Straße vom Timmelsjoch ins Passeiertal einquartiert. Dort gibt es fantastisches Essen, eine Sauna und vom Bett aus einen tollen Blick in die Texelgruppe. Falls man den Luxus des Hotels genießen oder mal einen ruhigeren Tag einlegen will, kann man vom Gasthaus auch mit dem Bus zum Timmelsjoch auf 2500 Metern oder ins Passeiertal fahren. Dann verpasst man freilich einen weiteren tollen Wandertag mit ganz anderen Aus- und Weitblicken.
Vom Timmelsjoch führt schließlich ein aussichtsreicher Kammweg, der teilweise mit Ketten gesichert ist, zum Brunnenkogelhaus (2.738 m). Die kleine und erst 2007 neu erbaute Hütte liegt ganz oben auf dem Gipfel und ermöglicht einen grandiosen 360 Grad-Rundblick über die Tour der vergangenen Tage. Die Gipfel der Ötztaler und Stubaier Alpen sind zu sehen, man blickt hinunter ins Ötztal und hinüber ins Venter und Gurgler Tal. Auch auf dem Brunnenkogelhaus war die Gastfreundschaft und das Essen fantastisch: selbst gebackenes Brot – und Lammfleisch von den eigenen Tieren der Hüttenwirte.
Um am nächsten Tag zurück nach Sölden zu kommen, gibt es mehrere Varianten mit unterschiedlicher Länge und Schwierigkeit.
Wichtig zu wissen:
Die Tour ist je nach Schneelage von Anfang Juni bis Mitte September möglich. Wanderer, die individuell unterwegs sind, sollten alpine Erfahrung, Trittsicherheit und Ausdauer für mehrstündige An- und Abstiege von über 1000 Höhenmetern mitbringen.
Faltblatt: „Söldens stille Seite“ kann als pdf-Datei auf der Internetseite des Alpenvereins heruntergeladen werden. Es gibt Informationsmaterial bei der Tourist-Information Ötztal.
Karten: Alpenvereinskarte 31/1: Stubaier Alpen, Hochstubai oder freytag&berndt WKS 8 Passeiertal-Timmelsjoch-Jaufenpass
Preise: Übernachtung auf Alpenvereinshütten ab 12 Euro für Alpenvereinsmitglieder, Halbpension ab 40 Euro. Nichtmitglieder müssen mit höheren Kosten rechnen. Die Ötztaler Berführer bieten die Umrundung des Windachtals (fünf Tage, vier Hüttennächte) als geführte Tour an. Ihr Honorar liegt bei 300 Euro pro Tag für eine Person, für jede weitere 20 Euro.
Literaturtipp: „Magische Momente über dem Ötztal“