Genusswandern im Trentino – Der Cammino San Vili

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Auf dem Cammino San Vili lernt man das ländliche Trentino kennen.
Auf dem Cammino San Vili lernt man das ländliche Trentino kennen.

Du liebst die Berge, aber eine Alpenüberquerung ist dir zu anstrengend? Oder du möchtest im Frühling oder Herbst eine entspannte Woche in der Natur verbringen? Der Genuss steht für dich im Vordergrund? Dann könnte der Cammino San Vili im italienischen Trentino genau das Richtige sein. Auf rund 100 Kilometern verbindet dieser Fernwanderweg den exklusiven Bergsportort Madonna di Campiglio mit der charmanten Stadt Trient im Norden Italiens.

Der Name des Weges geht auf den heiligen Vigilio, auch „Vili“ genannt, zurück. Der Legende nach soll dieser Bischof im Jahr 405 eine Saturnstatue in den Fluss Sarca geworfen haben, um die heidnischen Bräuche der Bevölkerung zu beenden. Doch die Bergbauern waren darüber wenig erfreut und warfen Vigilio kurzerhand ebenfalls in den Fluss, wo er ertrank. Heute ist Vigilio der Schutzpatron der Provinzhauptstadt Trient, und sein Name begegnet einem auf dem Cammino San Vili immer wieder.

Auf der ersten Etappe von Madonna di Campiglio hat man einen tollen Blick auf die Brenta.
Auf der ersten Etappe von Madonna di Campiglio hat man einen tollen Blick auf die Brenta.

Start in Madonna di Campiglio

Der Weg beginnt in Madonna di Campiglio, einem bekannten Skiort auf etwa 1.500 Metern Höhe. Im Winter tummeln sich hier Skifahrer, aber im Oktober 2024 war der Ort nahezu menschenleer. Nur wenige Hotels und Restaurants hatten geöffnet, was ihm einen leicht verlassenen Charme verlieh. Nach einer aussichtsreichen, zweistündigen Busfahrt von Trient aus checkte ich im komfortablen Hotel Betulla ein. Beim Frühstück bot sich mir ein fantastischer Blick auf die imposanten Brenta-Dolomiten – der perfekte Start für meine Wanderung.

Das idyllische Sarca-Tal.
Das idyllische Sarca-Tal.

Erste Etappe: Kirchen, Käse und Kastanienhaine

Gut ausgeruht ging es auf die erste Etappe, die etwa 25 Kilometer nach Spiazzo führt. Auf dem Weg entdeckte ich mehrere malerische Kirchen, deckte mich in einem kleinen Laden mit regionalem Käse ein und genoss eine lange Mittagspause in einem idyllischen Kastanienhain. Die Wasserflasche konnte ich an zahlreichen Brunnen mit frischem Bergquellwasser auffüllen. Nach acht Stunden und schmerzenden Füßen kam ich schließlich im familiengeführten Hotel Moleta in Spiazzo an. Trotz der eher leichten Strecke – größtenteils bergab auf Schotter- und Asphaltwegen – machten sich die Kilometer bemerkbar.

Eine Jause mit Käse und Speck stärkt auf dem Weg über den Daone-Pass.
Eine Jause mit Käse und Speck stärkt auf dem Weg über den Daone-Pass.

Zweite Etappe: Über den Daone-Pass

Am nächsten Tag wählte ich die Bergvariante über den Daone-Pass, die über schöne Pfade führte. Zwar war ein Abschnitt wegen Unwetterschäden gesperrt, aber einheimische Pilzesammler zeigten mir alternative, unmarkierte Wege, die nicht in der Karte verzeichnet waren. Die Landschaft war so beeindruckend, dass ich noch eine Extra-Schleife um den Monte Amolo einlegte, bevor ich müde in Ragioli ankam. Da es dort und im nächsten Ort Iron keine Übernachtungsmöglichkeiten gab, nahm ich den Bus zurück nach Spiazzo.

In Ragioli sorgt eine Viehherde für Verkehrsbehinderungen.
In Ragioli sorgt eine Viehherde für Verkehrsbehinderungen.

Dritte Etappe: Stenico und San Lorenzo in Banale

Am dritten Tag führte mich der Weg über Stenico nach San Lorenzo in Banale. Auch wenn die Strecken oft asphaltiert waren, gab es viel zu entdecken. In Stenico besichtigte ich eine imposante Burg und ein ethnografisches Museum. In Iron, einem charmanten Ort, der einst von der Pest fast entvölkert wurde, konnte ich alte Bauernhäuser bewundern, die von reichen Trentinern als Sommerresidenz hergerichtet wurden. San Lorenzo in Banale war jedoch mein absolutes Highlight: Das wunderschön gelegene Dorf im Naturpark Adamello-Brenta bietet unzählige Wandermöglichkeiten, Klettergebiete und ist perfekt für Radfahrer. Ich verbrachte zwei Tage im Hotel Miravalle, das mit seinem traumhaften Blick und einem herzlichen Service voll überzeugte.

In Stenico kann man die Burg besichtigen.
In Stenico kann man die Burg besichtigen.

Dritte und vierte Etappe: Von San Lorenzo über den Lago Toblino nach Trient

Die nächste Etappe von San Lorenzo zum Lago Toblino war einfach traumhaft: Kleine Pfade führten durch malerische Dörfer und über schmale Wege hoch über tiefen Schluchten. Vom Castel Toblino ging es auf einem schönen Weg entlang des Sees. Auf kaum befahrenen Sträßchen ging es weiter bis Monte Terlago – der letzte Ort vor dem finalen Abstieg nach Trient. Leider musste ich diese Etappe wegen Starkregens ausfallen lassen und nahm den Bus in die Stadt. Doch Trient entschädigte mich mit seiner malerischen Altstadt und einer spannenden Dürer-Ausstellung auf der Burg.

Castel Toblino am gleichnamigen See.
Castel Toblino am gleichnamigen See.

Fazit: Genuss pur auf dem Cammino San Vili

Wer eine Woche Auszeit sucht, Natur genießen und Kultur erleben möchte, ist auf dem Cammino San Vili genau richtig. Die Wege sind gut ausgeschildert und es gibt sowohl einfache als auch anspruchsvollere Varianten. Auch für Radfahrer gibt es eine Route. Besonders begeistert hat mich die Mischung aus kulturellen Highlights und Naturerlebnissen. Weniger gefallen hat mir, dass viele Strecken über Asphalt oder Schotter führten – Alternativen waren selten zu finden. Einheimische gaben mir jedoch wertvolle Tipps für Abkürzungen, die nicht in der Karte verzeichnet waren.

Trient ist einen Besuch wert!
Trient ist einen Besuch wert!

Planung: Wichtig zu wissen

Die Tour ist perfekt mit der Bahn erreichbar. In gut viereinhalb Stunden ist man von München aus in Trient. Nach Madonna di Campiglio alle zwei Stunden ein Bus, der etwa zwei Stunden unterwegs ist. Auch vor Ort gibt es ein gut funktionierendes Bussystem und man kann Touren abkürzen oder auch mal zwei Nächte in einer Unterkunft bleiben – und spart sich so das Rucksackschleppen.

Die Etappen solltest du vorher genau planen, denn nicht in allen Orten gibt es Übernachtungs- oder Einkehrmöglichkeiten. Sehr hilfreich ist das Büchlein zum Cammino samt Karte (ist für 8 Euro in der Touristeninfo in Trient erhältlich), das – leider nur auf Italienisch – viele Tipps und Varianten beschreibt. Ansonsten habe ich eine Wanderkarte von Kompass und GPX-Tracks von Outdooractive genutzt. Auch auf der Internetseite zum Cammino  finden sich viele Tipps – auch auf Englisch, allerdings fehlten mir hier aktuelle Informationen zu Wegsperrungen.

Ein Trento Doc ist ein regionaler Aperitiv.
Ein Trento Doc ist ein regionaler Aperitiv.

Regionale Spezialitäten im Trentino

Verhungern muss man unterwegs definitiv nicht: In nahezu allen Dörfern gibt es einen kleinen Lebensmittelladen und eine Bar sowie Trinkwasserbrunnen. Unterwegs kann man auch auf Bauernhöfen mit Gastronomie und Verkauf (Agritourismo) regionale Spezialitäten, darunter Speck, Almkäse und Süßspeisen wie Apfelstrudel, genießen. Probieren solltest du unbedingt Polenta mit Steinpilzen, Strangolapreti (Spinatklößchen in Salbeibutter) und deftige Fleischgerichte wie Carne Salata. Dazu passen die regionalen Weine wie Nosiola (weiß), Teroldego Rotaliano, Marzemino und Lagrein (rot), die oft sfuso – also direkt aus dem Fass gezapft werden. Lecker als Aperitiv ist auch der Trento Doc, ein feiner, aber nicht ganz günstiger Spumante aus Trentiner Trauben.

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