Ihr möchtet euch mal so richtig den Kopf frei pusten lassen? Dann seid ihr in der irischen Grafschaft Donegal genau richtig: An der wilden Atlantikküste kann man wunderbar wandern und dabei eine tolle Landschaft und Seefahrtsgeschichte erleben.
Auf den Klippen von Slieve League sollte man nicht zu nahe an die Abbruchkante gehen. Eine Orkanboe und schon ist es vorbei mit dem Irland-Urlaub….
Ein eisiger Wind zerzaust den dick bewollten Schafen das Fell, Regen wechselt sich mit Sonnenschein ab und 600 Meter tiefer prügeln meterhohe Wellen des Atlantischen Ozeans gegen die Klippen von Slieve League. Jetzt ist es an der Zeit, die Kapuze der Regenjacke etwas tiefer ins Gesicht zu ziehen. Eine Wanderung ist perfekt, um die Landschaft der Grafschaft Donegal und das Klima im äußersten Nordwesten Irlands mit allen Sinnen zu genießen. An einem Wanderparkplatz gibt es eine Übersichtskarte mit den Wanderwegen, die allesamt gut zu gehen sind. So kann man sich ganz entspannt auf den Weg machen. Eine einheimische Wanderführerin rät allerdings, bei Sturm lieber nicht unterwegs zu sein. Denn der Wind kann hier so stark sein, dass man leicht von den Klippen ins Meer geweht werden kann.
Viele Wanderwege in der Grafschaft Donegal sind schön angelegt und sehr aussichtsreich – wie hier auf den Klippen von Sleave League.
Nur der Papagei überlebte
Die Stürme im Nordatlantik können ganz schön heftig sein. Hunderte Wracks liegen vor der Küste Donegals, berichtet eine Einheimische, die Touristen durch den beeindruckenden Leuchtturm von Fanad Head führt. Der trutzige Turm auf einem Felsen an der Küste wurde errichtet, nachdem in der Nähe, am Lough Swillly, ein Schiffsunglück geschehen war. So ging dort im Jahr 1811 das Segelschiff Saldanah in einem schweren Sturm unter. Einziger Überlebender war der Papagei des Kapitäns. Mit einer VR-Brille können die Besucherinnen und Besucher des Leuchtturms die Tragödie eindrücklich nacherleben.
Der Leuchtturm von Fanad Head.
Steile Wendeltreppe
Anschließend begibt man sich bei der etwa einstündigen Führung in die spannende Geschichte der Seefahrt und ihrer Helfer an Land. Ein besonderes Highlight ist der Aufstieg über eine schmale Wendeltreppe bis in die verglaste Plattform des Leuchtturms. Dort angekommen, erwartet euch eine atemberaubende Aussicht auf endlose Sandstrände und Klippen. Bewundern könnt ihr zudem die moderne LED-Technik des heutigen Leuchtsignals.
Auf der Plattform des Leuchtturms von Fanad Head leuchtet heute ein modernes LED-Signal.
Wem es auf der einsamen Klippe gut gefällt, kann sich hier auch übrigens für ein paar Tage einmieten: Die früheren Dienstwohnungen der Leuchtturmwärter sind heute liebevoll ausgestattete Ferienapartments.
Drehort für „Star Wars“
Unbedingt ansehen solltet ihr euch die imposanten Felsen von Malin Head. Der zerklüftete und stürmische Küstenabschnitt ist der nördlichste Punkt Irlands. Hier liegen mehr U-Boote und versunkene Ozeandampfer am Meeresgrund als irgendwo sonst auf der Welt. 2016 wurden hier Szenen für „Star Wars“ gedreht. Luke Skywalker, Chewbacca und die imperialen Sturmtruppen haben sich mittlerweile wieder in andere Galaxien verabschiedet. Die aussichtsreichen Wanderwege auf den mehrere hundert Meter hohen Klippen gibt es weiterhin. Von ihrem höchsten Punkt aus lässt sich das Treiben der Vögel, die zu hunderten auf den Felsen hausen, und mit etwas Glück auch Haie und Delfine im Wasser beobachten.
Eine kleine Wanderung führt zu diesem Aussichtspunkt in Malin Head, dem nördlichesten Punkt Irlands.
Wilde, ungezähmte Natur gibt es aber nicht nur entlang des „Wild Atlantic Way“, der gut ausgeschilderten Küstenstraße, die rund um Donegal und weitere Countys führt. Auch im Inneren der Insel gibt es wunderschöne Ecken zu entdecken, zum Beispiel den Glenveagh-Nationalpark. Vom Besucherzentrum, das in einer Ausstellung über Flora und Fauna im zweitgrößten Nationalpark Irlands informiert, aus, könnt ihr auf zahlreichen Wanderwegen einen Teil des 16.000 Hektar großen Gebietes auf eigene Faust erkunden. Es geht vorbei an tiefblauen Seen, an Wasserfällen, durch Moore und durch Wälder, die von Moos und Flechten überwuchert sind.
Das Herzstück des Parks ist das viktorianische Schloss „Glenveagh Castle“ mit seinen traumhaften Gartenanlagen. Wenn ihr die etwa drei Kilometer lange Strecke nicht laufen möchtet, könnt ihr vom Besucherzentrum aus auch einen Shuttle-Bus nehmen. Wenn das Wetter mal wieder nicht so richtig mitspielt, lohnt sich eine Führung durch das in den 1870er-Jahren erbaute Gemäuer ganz besonders. Hier erfährt man, wie die früheren Schlossherren logierten – gerne mal mit einer Tasse Tee oder einem Drink in den gemütlichen Sofas der Schlossbibliothek, die damals wie heute auch bei Regen einen schönen Ausblick auf den blaugrünen See „Lough Veagh“ bietet.
Von Torfstechern und Fischern
So ein privilegiertes Leben hatten natürlich nicht alle Iren. Viele Menschen führten ein einfaches Leben als Torfstecher und Fischer. In einer Hungersnot zwischen 1845 und 1849 starben eine Million Menschen, was etwa zwölf Prozent der Bevölkerung entsprach. Weitere zwei Millionen Menschen wanderten damals aus. An diese harten Zeiten erinnert unter anderem auch das Freilichtmuseum „Glencolmcille Folk Park“. In reetgedeckten Hütten aus verschiedenen Epochen erlebt ihr, wie die Landbevölkerung damals lebte und arbeitete.
So ärmlich lebten die Fischer und Torfstecher früher: Einen Eindruck verschafft der Glencolmcille Folk Park.
Auf ein Bier in den Pub
Was bei einer Tour durch den wilden Nordwesten nicht fehlen darf, ist der abendliche Einkehrschwung im Pub. Bei Livemusik und frisch gezapftem Bier kommt ihr auf jeden Fall mit den meist sehr aufgeschlossenen Locals ins Gespräch – Sláinte.
Frisch gezapft: Ein süffiges Bier in einem der vielen irischen Pubs.
Wichtig zu wissen:
Die Republik Irland gehört zur EU, gezahlt wird mit Euro. Ihr braucht aber einen Adapter für die Steckdosen, die sind oft noch nicht EU-genormt. Anreise: Mit Aer Lingus, Lufthansa oder Ryanair nach Dublin, weiter per Überlandbus oder Mietwagen nach Donegal. Fährverbindungen unter anderem mit Irish Ferries von Cherbourg oder Dünkirchen.
Informationen auf www.ireland.com
Alpakas kommen eigentlich aus Südamerika, fühlen sich aber in Irland auch ganz wohl.